Bundesrat zieht falsche Schlüsse auf Grund mangelhafter Postmarktevaluation
Position KEP+Mail zum Bericht des Bundesrates vom 18. September 2015 zur Zementierung des Briefmonopols
Schon im Postgesetz von 2012 wurde kein wirklicher Schritt in Richtung Wettbewerb zu Gunsten vermehrter Alternativen für die Kunden unternommen. Das Parlament hatte aber bezüglich der weiteren Marktöffnung für heute wohlweislich einen Evaluationsbericht verlangt in der Absicht, weitere Liberalisierungsschritte vollziehen zu können. Nun zeigt ein ausführlicher Bericht des BAKOM verschiedene Facetten auf, die aber wenig zielführend und auch nicht stimmig sind. Die weitere Marktöffnung wird mit dem Fazit abgeschmettert, dass sich auf Grund der Analysen im Ausland im Briefmarkt zu wenig Wettbewerb entwickeln werde. Gleichzeitig wird argumentiert, dass dieser wenige Wettbewerb durch die Aufhebung des Briefmonopols die Grundversorgung gefährden könne, was absolut absurd ist.
Der Evaluationsbericht des Bundesrates weist gravierende Mängel, Inkonsistenzen und Unvollständigkeiten auf:
- Die Feststellung, dass der existierende Wettbewerb auch im Briefmarkt zu attraktiven, verbesserten Angeboten und Innovationen bei der Post geführt hat, steht kontrovers zur Schlussfolgerung, das Monopol beizubehalten. Ebenso ist die Aussage, dass der Bundesrat mit der Postmarktöffnung die Qualität der Dienstleistungen in der Grundversorgung erhöhen möchte, nicht kompatibel mit der Beibehaltung des Monopols. Die Erfahrungen mit der Paketliberalisierung können die positive Wirkung der Marktöffnung auf die Angebotsqualität belegen.
- Falsch ist, dass keine private Anbieterin von Postdiensten in der Schweiz eine flächendeckende Zustellung anbietet. DPD, DHL, GO! z.B. beweisen das Gegenteil mit eigener Zustellorganisation.
- Dass keine private Anbieterin von Postdiensten mit der Post zusammenarbeitet, liegt daran, dass die Post dies konsequent erfolgreich verhindert. So verweigert die Post beispielsweise generell den Teilleistungszugang, obwohl dieser im Postgesetz festgehalten ist.
- Gefährlich ist es, den Marktanteil der privaten Anbieterinnen von Briefdienstleistungen mit 1.6% einzig auf den Gesamtmarkt der adressierten Briefe zu beziehen. Auf den heute geöffneten Anteil von lediglich 25% der adressierten Briefe und unter Abgrenzung des Werbesendungssegments (etwa 50% der adressierten Briefe), erhöht sich der Marktanteil von den angegebenen 1,6% auf mindestens 15%.
- Unzulässig ist es, die Wettbewerbsentwicklung im Briefbereich als schwach zu bezeichnen, ohne zu würdigen, dass dies nur beschränkt möglich ist, weil für den Grossteil der Briefe immer noch das Monopol gilt. Ein Wettbewerb kann sich nur im freien Markt entwickeln.
- Nicht gewürdigt wird die Tatsache, dass weit über 100 mittelständische Firmen und Konzerne das Angebot von Quickmail nutzen.
- Trügerisch ist es, wenn bei den Arbeitsplätzen die Entwicklung der Gesamtheit betrachtet wird. Die bereits heute ca. 2200 geschaffenen Teilzeit-Arbeitsplätze sind nur vorhanden, weil Quickmail ein neues Geschäftsfeld aufgebaut hat. Ohne Quickmail würden diese Arbeitsplätze im grossen Umfeld der Post absorbiert, womit viele Leute mit wenig Jobchancen ohne Arbeit wären. Mit einer vollständigen Liberalisierung würde es noch viele Jobs mehr geben.
- Mit den als bescheiden dargestellten möglichen Marktanteilen bei einer vollständigen Briefliberalisierung kann die Grundversorgung in keiner Weise gefährdet sein und kommt auch nicht weiter unter Druck. Garant für die Finanzierung der Grundversorgung ist der Lastenausgleich von den sehr lukrativen dichter besiedelten zu den dünn besiedelten Landesteilen. Deshalb verdient die Post im Segment der Grundversorgung Hunderte von Millionen Franken jährlich. Dies bestätigt die Aussage im Bericht, wonach die Reduktion des Briefmonopols die Eigenfinanzierung nicht gefährdet. Zudem würde eine Umkehr von Betonvorgaben (physische Poststellen) zu Dienstleistungsvorgaben wesentlich zu kundenorientiertem Verhalten beitragen.
Der Verband KEP+Mail kann sich aus diesen Gründen den Schlussfolgerungen des Bundesrates in keiner Weise anschliessen. Er bedauert, dass ein so wichtiger Entscheid auf einer sehr wackligen Basis gefällt wurde und vorgängig der Behandlung im Bundesrat keine Anhörung bei den Dienstleistern stattgefunden hat. Ein Entscheid, der massgebend ist für die Existenz von Briefversand-Alternativen zu Gunsten der Kunden und das Weiterbestehen von privaten Wettbewerbern. Es bleibt zu hoffen, dass diese Mechanismen und die Hebelwirkung eines solchen Entscheids in den Kommissionen und im Parlament erkannt werden. Denn Wettbewerb steht für Innovationen, Arbeitsplätze, Selbstregulierung in Qualität, Preis und Leistung.
3. Oktober 2015
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